Wer auf der Insel Usedom seinen Urlaub verbringt, wird sicher auch die Stadt Swinemünde besuchen. Meistens treibt es die Gäste auf den bekannten Markt. Aber auch die Stadt ist sehenswert. Heute merkt kaum, wenn man die Grenze in die heute polnische Stadt überschreitet. Das war nicht immer so. Zur Zeit der aktiven polnischen Solidarnosc-Bewegung, die u.a. auch den Grundstein für den Zerfall des Ostblockes legte, war die Grenze für Urlauber von der deutschen Seite der Insel gesperrt. Dieser Umstand verstärkte das beklemmende Gefühl der Umzäunung der ehemaligen DDR noch mehr. Alle die sich noch an diese Zeit zurückerinnern können, werden den ungehinderten Zugang in die Stadt mit anderen Augen sehen. Man könnte sagen, dass auch die Insel Usedom auf ihre eigene Art eine Wiedervereinigung erlebte. Man kann wieder die ganze Insel bereisen.
Swinemünde oder auch Swinoujscie, so der polnische Name der Stadt heute, hat eine wechselvolle und lange Geschichte der Zerstörung und des Wiederaufbaus. Dies liegt vor allem daran, dass die Stadt an der Swinemündung von je her eine strategische Bedeutung hatte. Erwähnt wird im Jahr 1117 erstmals eine Befestigung an beiden Seiten der Swinemündung. Das war offensichtlich den Dänen ein Dorn im Auge, denn sie zerstörten die Burg an der Swinemündung im Jahr 1177. Auch die danach wieder errichtete Burg wurde erneut zerstört und wieder aufgebaut. Im Jahr 1824 wurde Swinemünde zum Seebad, was der Stadt eine Blütezeit verlieh. Der General-Gartendirektor der preußisch-königlichen Gärten, Peter Joseph Lenné, entwickelte die Pläne für den Kurpark von Swinemünde und nach der Umsetzung dieser Pläne erhielt diese Gartenlandschaft den Namen „Plantagen“.
Der Leuchtturm von Swinemünde wurde 1859 fertig gestellt. Zu diesem Zeitpunkt galt er als der höchste Leuchtturm der Welt.
Mit dem Bau der Eisenbahnlinie Swinemünde – Berlin, war die Anbindung der Metropole Berlin an die Ostseeküste geschafft. Mit dieser Verbindung war es 1876 möglich in 3 Stunden von Berlin auf die Insel Usedom zu reisen. Theodor Fontane verbrachte am Kirchplatz in einer Apotheke seine Kindheit und einer seiner bekanntesten Romane, des poetischen Realismus, „Effi Briest“, spielte in Swinemünde.
In den Jahren 1934 bis 1939 baute Deutschland Swinemünde zu einem Marinehafen aus. Am 12. März 1945 kam es zur Katastrophe für Swinemünde. Die Stadt war überfüllt von Flüchtlingen aus Ostpreußen und Pommern, die auf der Flucht vor der heranrückenden Roten Armee waren. Da Stettin bereits von der Roten Armee eingenommen war, blieb nur noch der Weg über Usedom, um in Richtung Westen zu gelangen. Tausende von Menschen warteten auf die Chance mit einem der zahlreichen Transportschiffe nach Flensburg oder Kiel zu gelangen. Da die sowjetischen Truppen vor der Insel Wollin auf starke Gegenwehr stießen, wurden die Bomberflotten der Amerikaner um Unterstützung gebeten. Am Vormittag des 12. März 1945 wurde Swinemünde von über 650 Bombern, innerhalb einer Stunde, dem Erdboden gleich gemacht. Die genauen Opferzahlen dieses Angriffs sind nicht bekannt. Man schätzt die Opferzahl auf ca. 14.000 Menschen, von denen viele auf dem Golm, westlich der Stadt, ihre letzte Ruhe fanden.
Am 4. Und 5. Mai 1945 marschierte die Rote Armee in Swinemünde ein und übergaben die Stadt am 6. Oktober der polnischen Regierung. Ab 1958 begann der Wiederaufbau der Stadt auf Beschluss des polnischen Ministerrates.
Bemerkenswert finde ich, dass auch viele alte Gebäude wieder saniert werden konnten. Wenn man diese Geschichte kennt, geht man mit einem anderen Gefühl durch die Stadt.
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